Rede während der Mahnwache für den Frieden am 08.09.20143
Hauptwache, Frankfurt
Hauptwache, Frankfurt
Hallo Frankfurt, hallo Gäste….
eigentlich hatte ich nie vor im Rahmen dieser Montags-Veranstaltung eine Rede zu halten. Aber die Art und Weise wie die für Frankfurt zuständige Versammlungsbehörde, das Ordnungsamt rechtswidrig versucht mit der Friedenswerkstatt unten am Main umzugehen, nötigt mich, hier und heute einige deutliche Worte öffentlich zu machen.
Jenseits aller politischen Inhalte und Standorte der Protagonisten hier und in anderen Städten, ist der einzige Grund für meine Rede die erneute Missachtung des Grundgesetzes Artikel acht und dem dazugehörigen Versammlungsgesetz, hier in dieser scheinbar so weltoffenen und liberalen Stadt Frankfurt.
Im Grundgesetz Artikel acht steht:
Absatz eins: Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
Absatz zwei: Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Das hier erwähnte, beschränkende Gesetz ist das Versammlungsgesetz. Es ist ein Bundesgesetz und steht über dem Landesrecht. Somit müssen etwaige örtliche Bestimmungen nur dann beachtet werden, wenn sie nicht in Widerspruch zu den Ausführungen dieses Versammlungsgesetzes stehen.
Dennoch wird seit Jahrzehnten diese Freiheit, die uns nach dem Grundgesetz zusteht, bei jedem Protest, der den Regierenden oder den Lobbyisten nicht schmeckt, hemmungslos mit Füßen getreten. Die Rechtsbrüche durch Entscheidungsträger gegen dieses Grundrecht, die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis heute schamlos als rechtstaatliche Maßnahmen verteidigt wurden, könnten ganze Bücher füllen. Selbst eine trockene Aufzählung in diesem Zusammenhang würde den Rahmen auch einer großzügig bemessenen Redezeit sicher sprengen.
Um einige meiner Sichtweisen und der daraus resultierenden Beweggründe hier zu sprechen, deutlich zu machen, muss ich ein wenig ausholen. Aber keine Angst, es gibt hier keinen Geschichtsunterricht --- viele Verfehlungen Frankfurter Amtsträger der letzten Jahrzehnte werde ich großzügig überspringen. Es reicht aus, dass ich mich inhaltlich auf einige Proteste der letzten Jahre, hier in Frankfurt beschränke.
Beginnen möchte ich mit einem, in der Bundesrepublik Deutschland beispiellosen Vorgang!
Im Mai 2012 wurden für mehrere Tage größere Bereiche der Innenstadt in einer Art und Weise abgesperrt, dass man denken musste, man sei am Vorabend eines angekündigten Bürgerkrieges. Das gesamte Innenstadtgebiet wurde durch Verbote auf Tage in eine versammlungsfreie Zone verwandelt. Eine Zone, für die auch Gerichte bestätigten, dass die versprochene Freiheit des Grundgesetzes Artikel acht aufgehoben ist. Nur eine einzige Demonstration konnte im Eilverfahren gerichtlich doch noch durchgesetzt werden. Die Rede ist von der Zeit des ersten Blockupy Protestes.
Wer jetzt glaubt, dass nur die angemeldeten Proteste dieses Netzwerks verboten wurden, der irrt!
Verboten wurde eine Mahnwache der Ordensleute für den Frieden, die seit 1990 friedlich ihren Protest vor die Deutsche Bank tragen. Was sind das für Behörden, die es wagen Glaubensbrüdern das protestieren zu verbieten?
Bis heute haben weder die katholische, noch die evangelische Kirche öffentlich dazu Stellung bezogen.
Verboten wurde eine Mahnwache mit Kranzniederlegung für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Angekündigt waren 30 Teilnehmer. Das Gericht verfügte in der ersten Instanz, dass diese Mahnwache zwar zulässig sei, aber die Identität aller Versammlungsteilnehmer vorher der Behörde zu melden seien. Und ich dachte immer die Opfer des Nationalsozialismus verdienen unsere besondere Beachtung.
Der sonst in seinen öffentlichen Forderungen und Stellungnahmen immer so wortgewaltige Zentralrat der Juden hat sich bisher darüber öffentlich nicht beklagt.
Verboten wurde eine Kundgebung vom Komitee für Grundrechte und Demokratie auf dem besonders geschichtsträchtigen Paulsplatz. Dort in der Paulskirche war der Ort der ersten deutschen Nationalversammlung, der Geburtsstunde unserer Demokratie. Eine größere Missachtung der Werte unseres Grundgesetzes ist für mich nur schwer denkbar.
Weder unsere Bundesregierung noch das EU-Parlament haben diesen eklatanten Rechtsbruch bisher öffentlich verurteilt.
Auch wenn diese Vorkommnisse fast zweieinhalb Jahre zurückliegen, haben sie dennoch einen tagesaktuellen Zusammenhang, den ich allen Interessierten kurz aufzeigen möchte.
Der scheidende Polizeipräsident Thiel hatte vor einigen Monaten eine neue Offenheit der Frankfurter Polizei gegenüber Demonstrationen, insbesondere denen von Blockupy verkündet. Darüber hatte ich mich schon sehr gewundert, bis ich Wochen später hörte, dass er vorzeitig in den Ruhestand geht. Die Ernennung seines designierten Nachfolgers, dem bisherigen Vizepräsidenten Gerhard Bereswill weckt unangenehme Erinnerungen und lässt mich am öffentlich verkündeten Kurswechsel der hiesigen Polizei zweifeln.
Im Zuge des Eilverfahrens gegen die Verbots-Orgie der angemeldeten Blockupy Veranstaltungen 2012 fand eine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt statt.
Als das Verbot der Demonstration zur Sprache kam, sagte der Richter zu Herrn Bereswill, dass wenn er die Informationen der Polizei lese, dann stünde dort, dass etwa 1500 bis 2000 gewaltbereite Demonstranten in der Stadt erwartet würden. Herr Bereswill bestätigte, dass dieses die Erkenntnisse der Polizei seien.
Darauf fragte der Richter, ob durch ein Verbot der Demonstration diese mutmaßlich gewaltbereiten Demonstranten davon abgehalten werden würden nach Frankfurt zu kommen. Herr Bereswill verneinte dies und sagte das trotz allem diese Menschen nach Frankfurt kommen würden.
Auf die Frage des Richters, warum er denn dann diese Demonstration verbieten solle antwortete der stellvertretende Polizeipräsident Bereswill, damit friedliebende Demonstranten abgeschreckt werden nach Frankfurt zukommen und sich dieser Demonstration anzuschließen.
Diese verfassungsfeindliche Äußerung hat bis heute zu keinen dienstrechtlichen Konsequenzen geführt. Nein, er soll sogar noch mit der Position des Polizeipräsidenten belohnt werden.
Ein hochrangiger Polizeibeamter, der im Dienst solche Äußerungen tätigt, der zeigt mit welcher Niedertracht er bereit ist, sich über das Grundgesetz, Artikel acht hinwegzusetzen. Ein solcher Mensch hat nicht die moralische Reife der Polizeipräsident von Frankfurt zu werden. Ich fordere den hessischen Innenminister dazu auf, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Einen Verfassungsfeind an der Spitze der Frankfurter Polizei sollte sich eine, auf internationales Ansehen bedachte Stadt Frankfurt nicht leisten. Ich werde auch in Zukunft keine Gelegenheit auslassen, Salz in diese Wunde streuen.
Als nächstes möchte ich auf das Occupy Camp am Willy Brandt Platz zu sprechen kommen, welches im August 2012 durch städtische Behörden geräumt wurde. Für die Räumung wurden einige recht unterschiedliche Gründe durch politische und behördliche Amtsträger vorgebracht. Ich möchte hier auch nicht umfassend über alle vorgebrachten Gründe sprechen oder sie auch nur aufzählen. Ich will mich hier auf einige Worte zur übelsten und menschenverachtendsten Begründung für die Räumung beschränken. Gemeint ist die soziale Problematik der Roma hier in Frankfurt.
Zeitweise zelteten im Camp bis zu etwa 30 obdachlose Roma; darunter auch einige hochschwangere Frauen. Trotzdem wir mehrfach den Frankfurter Ordnungsdezernenten Frank darauf angesprochen hatten, dass die soziale Verantwortung für diese Menschen bei der Stadtverwaltung liegen würde und nicht bei der Occupy-Bewegung, wurde das von den Behörden völlig ignoriert. Das Camp wurde diffamiert, obdachlosen unpolitischen Menschen unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit Unterschlupf zu bieten. Mit Absicht übersehen wurde die Tatsache, dass, wer sein soziales Problem im Rahmen des Occupy Camps öffentlich macht, sehr wohl alleine dadurch eine sehr politische Aussage tätigt.
In einem der Gespräche mit Herrn Frank kam heraus, dass es eine Absprache zwischen diversen deutschen Städten und Kommunen gab oder bis heute noch gibt, hilfesuchenden Roma möglichst wenig oder gar nicht zu helfen. Das heißt, dass die Stadt Frankfurt sich an einer vorsätzlichen Verletzung der Menschenrechte beteiligt hat oder sich heute noch daran beteiligt, indem sie die bei ihr liegende soziale Verantwortung für diese Menschen verweigert.
Die Aktivisten und Aktivistinnen des Occupy Camps weigerten sich die Roma zu vertreiben; letztendlich wollten sie sich mit der niederträchtigen Vertreibungspolitik der Stadt Frankfurt nicht gemein machen. Bis heute werden die obdachlosen Roma von städtischen Beauftragten an vielen Stellen wie lästiges Ungeziefer verscheucht. Soviel zur Menschenwürde und dem geschichtlichen Verantwortungsbewusstsein der Stadt Frankfurt.
Nachdem das Ordnungsamt im Rahmen einer Auflagenverfügung dem Occupy Camp die weitere Aufrechterhaltung des Protests an diesem Ort untersagte, wurde mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Frankfurt versucht das Versammlungsrecht durchzusetzen. Der frisch gebackene Oberbürgermeister Peter Feldmann verkündete lautstark, dass die Stadt den Rechtsweg abwarten würde und das Camp bis dahin nicht zwangsweise geräumt werden würde.
Im Vertrauen, dass man dem als sozial geltenden Feldmann mit einem solchen Versprechen über den Weg trauen könnte beruhigten sich die aufgebrachten Gemüter im Camp und niemand dachte daran sich auf eine Räumung vorzubereiten, bevor das Eilverfahren in den Instanzen der Verwaltungsgerichte abgeschlossen sei.
Dass man auch unserem Oberbürgermeister nicht weiter trauen darf, als man ein Klavier schmeißen kann, zeigte dann der nächste Morgen. Noch bevor das Urteil in der ersten Instanz des Eilverfahrens verkündet wurde, waren schon massive Polizeikräfte auf beiden Seiten des Camps aufgefahren. In der Minute der Urteilsverkündung begann die zwangsweise Räumung. Dadurch wurde die Möglichkeit der Anfechtung des Urteils durch die Schaffung von Tatsachen verhindert. Möglicherweise hatten die Entscheidungsträger Angst, dass bei dem Eilverfahren in der nächst höheren Instanz zwei Tage später ein anderes Urteil vorliegen könnte. Seit dieser Zeit behauptet das Frankfurter Ordnungsamt entgegen der tatsächlichen Rechtslage, dass Zelte kein Versammlungsmittel sind und dass auch bei Dauer-Mahnwachen kein abgeschlossener Schlafplatz als Rückzugs Möglichkeit zulässig sei. Ein gegensätzliches Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster wird als Bestandteil des tatsächlichen Rechtsrahmens völlig ignoriert.
Bevor ich mich der aktuellen Situation der Friedenswerkstatt zuwende, möchte ich noch ein paar Worte zum 1. Juni 2013 und einigen, damit zusammenhängenden Umständen und Tatsachen sagen. Die, für diesen Tag vom Blockupy Bündnis angemeldete Demonstration hatte schon im Vorfeld mit Widerstand seitens der Behörden zu kämpfen. Noch in Erinnerung der gerichtlichen Niederlage vom Jahr davor wurde zwar nicht versucht die Demonstration zu verbieten. Aber es musste erneut ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht geführt werden um die Route an der EZB vorbei einzuklagen. Das symbolische Aufstellen von politisch beschrifteten Zelten neben der Bühne für die Abschlusskundgebung wurde unter Hinweis darauf, dass sie kein Versammlungsmittel seien, verboten.
Bereits kurz nach Start wurde durch eine von langer Hand vorbereitete Polizeiaktion die Demonstration hinter dem Schauspiel gestoppt und 943 Personen über einen Zeitraum von fast 10 Stunden eingekesselt. Trotzdem von den Demonstranten zu keiner Zeit eine Eskalation ausging, kam es zu einer Vielzahl von teilweise fast unglaublichen Übergriffen durch die für eine Aufstands-Bekämpfung ausgerüsteten Polizeieinheiten. Ohne dass es zu irgendeiner Zeit für die Selbstverteidigung notwendig gewesen wäre, wurde literweise Pfefferspray aus großen, auf dem Rücken getragenen Vorratsbehältern eingesetzt. Auch unter Einsatz von Schlagstöcken wurde massive körperliche Gewalt auch gegen Personen außerhalb des Polizeikessels ausgeübt. Hunderte friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten wurden verletzt.
Meine bewegendste Erinnerung daran ist die Situation, in der ich zusammen mit einigen Anderen vor dem Kessel durch passive Gewalt die Polizei davon abgehalten habe ein circa achtzigjähriges Ehepaar grundlos in den Dreck zu treten.
Wenige Tage später wurde in einer Sitzung des hessischen Landtags der gesamte Polizeieinsatz als angemessen und verhältnismäßig bezeichnet. Wer in Kenntnis dessen, dass auch kleine Kinder mit Pfefferspray verletzt, Rentner zusammengeschlagen und Sanitäter von Hilfs-Einsätzen abgehalten wurden, ein solches Vorgehen der Staatsmacht als rechtmäßig hinzustellen versucht ist ein Drecksack!
Die Rede ist vom damaligen hessischen Innenminister Boris Rhein. Seit nunmehr 15 Monaten bezeichne ich Boris Rhein öffentlich als Drecksack und fordere ihn auf, mich doch bitte wegen Beleidigung anzuzeigen. Bisher gab es keine Reaktion. Möglicherweise entspricht diese Bezeichnung seinem Selbstbild oder hat er vielleicht Angst vor einer gerichtlichen und medialen Auseinandersetzung mit mir.
Vieles ist über diese Demonstration und dem unsäglichen Polizeieinsatz bereits gesagt, geschrieben und geurteilt worden. Deshalb will ich auch nur einige, wenige Dinge hierzu noch einmal hervorheben.
Nach dem ein Frankfurter Gericht kurz nach dieser Demonstration einen etwa gleich lang dauernden Polizeikessel bei der sogenannten M31-Demonstration, als nach dem Versammlungsrecht unzulässig erkannt hat, wurden zur nachträglichen Legitimation des Kessels bei der Blockupy-Demonstration, zwecks Änderung des Rechtsrahmens, Ermittlungsverfahren nach dem Strafgesetzbuch gegen alle 943 Eingekesselten eingeleitet.
Wie sehr das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit in Frankfurt hochgehalten wird, erklärt sich durch die Tatsache, dass sich bis heute keiner der Verantwortlichen oder unserer politischen Repräsentanten bei den durch Pfefferspray verletzten kleinen Kindern entschuldigt hat.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt sieht keinen Anfangsverdacht, dass hier Dinge aus dem Ruder gelaufen sind und hat zu einer diesbezüglichen Strafanzeige gegen den Polizeipräsidenten Thiel und den Einsatzleiter Schneider das Verfahren eingestellt. Ebenso hat das Verwaltungsgericht Frankfurt in einem Verfahren die frühzeitige Vorbereitung des Polizeikessels als rechtmäßig anerkannt.
Bei beiden letztgenannten Vorgängen wurden bereits Rechtsmittel eingelegt, wir müssen also abwarten wie höhere Instanzen das Ganze bewerten um zu einem abschließenden Urteil zu gelangen. Allerdings wecken die hierbei bisher ergangenen Entscheidungen den begründeten Verdacht, dass es sich mit der Freiheit und den Menschenrechten in diesem Lande anders verhält, als man es durch die Staatsmacht der Öffentlichkeit weismachen will.
Kommen wir nun zu dem eigentlichen Auslöser für meine heutige Rede. Dem, aus meiner Sicht rechtswidrigen Umgang des Ordnungsamtes mit der Friedenswerkstatt unterhalb der EZB-Baustelle.
Seit Beginn dieser dauerhaft besetzten Mahnwache gab es mehrere Kooperationsgespräche mit dem Ordnungsamt. Bis vor wenigen Tagen war auch Art und Größe der Durchführung dieser Aktion im Einvernehmen mit der Stadt. Eine bereits in der Vergangenheit mehrfach in Aussicht gestellte Auflagenverfügung wurde nie erteilt.
Doch dann ein plötzlicher Sinneswandel. Das Ordnungsamt versuchte mit einem schmutzigen Trick diese politische und nach dem Versammlungsgesetz legale Mahnwache aus dem Schutz des Grundgesetzes Artikel 8 heraus zu lösen.
Sie stellte eine Sondernutzungsgenehmigung durch das Grünflächenamt für einen bestimmten Bereich der Weseler Werft bis Ende des Jahres in Aussicht. Sehr wohl wissend, dass durch dortige Nachbarn jedes Jahr massive Beschwerden gegen die Sommerwerft bei der Stadtverwaltung eingehen. Das hätte dann leicht als Vorwand für einen Entzug oder eine Nichtverlängerung dieser Genehmigung dienen können. Durch diese hinterhältige Verhandlungstaktik wollte man die Aktivistinnen und Aktivisten der Friedenswerkstatt ins Bockshorn jagen.
Nach dem das Ordnungsamt feststellte, dass diese Maßnahme nicht fruchtete, verlegte man sich auf einen anderen Weg. Es wurde eine rechtswidrige Auflagenverfügung zugestellt, deren widerspruchslose Befolgung einen Fortbestand dieser Mahnwache unmöglich machen würde.
Ich will hier nicht die einzelnen Auflagen einer eingehenden juristischen Betrachtung unterziehen, sondern ausschließlich den willkürlichen und rechtswidrigen Versuch anprangern, dem das Ordnungsamt Frankfurt versucht dem Anmelder einen angemessenen Rechtsweg zu unterbinden.
Unter Berufung auf die Verwaltungsgerichtsordnung Paragraph 80, Absatz 2, Nummer 4, ordnete diese Behörde den sofortigen Vollzug ihrer Auflagenverfügung an.
Dabei ignorierte das Ordnungsamt die Bestimmung vom Absatz 3 des gleichen Paragraphen. Dort heißt es wörtlich:
In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
Dieser Absatz drei sagt also eindeutig, dass eine schriftliche Begründung für den sofortigen Vollzug jeder einzelnen Auflage zwingend erforderlich ist; eine bloße Begründung für die Auflage selbst reicht hier nicht aus.
Da das Ordnungsamt in seiner Verfügung keinerlei Begründung für dieses besondere Interesse anführte, könnte es sich demnach nur um einen Notstandsmaßnahme wegen Gefahr im Verzug handeln.
Art und Umfang der Durchführung der Mahnwache haben sich nach der Aufbauphase allerdings nicht geändert, so dass auch diese Möglichkeit der Rechtsanwendung nicht gegeben ist.
Ohne beantworten zu können, ob diese Verfügung durch Unfähigkeit, Niedertracht, möglicherweise auch durch Einflussnahme von Politik oder Lobby zustande kam, ist diese Maßnahme doch in jedem Fall ein Akt von rechtswidriger Amts-Willkür. Bleibt nur zu hoffen, dass der Richter am Verwaltungsgericht zu seiner Eil-Entscheidung in dieser Sache die Aussagen des Absatz 3 mit heranzieht.
Wie man im Ordnungsamt denkt oder möglicherweise auch auf Anweisung denken muss, zeigt folgende Tatsache:
Im Vorfeld dieser Auflagenverfügung sagte ein Amtsvertreter im Kooperationsgespräch, dass diese Maßnahme notwendig sei, da sich sonst möglicherweise über 1000 weitere Anmeldungen im Jahr auf das gleiche Recht wie die Friedenswerkstatt berufen könnten. Daraus ergibt sich, dass die tatsächliche Rechtslage dem Amt scheinbar völlig egal ist, da es scheinbar nur zu verhindern gilt, dass Andere gleiche freiheitliche Rechte ausleben könnten.
Ein weiterer Beleg für die scheinbar politisch motivierten, willkürlichen Entscheidungen des Ordnungsamtes Frankfurt ist in der Tatsache zu sehen, dass laut Frau Iskandar von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Ordnungsamt selber sagt, dass es ausdrücklich nicht um das Info-Zelt und auch nicht um das wesentlich kleinere „Snowden“-Zelt, das dort aufgebaut ist geht. So nachzulesen in der Ausgabe vom letzten Samstag. Diese Erklärung steht in einem klaren Gegensatz zu dem Zelt-Verbot für die Abschlusskundgebung der Blockupy Demonstration 2013.
Als extrem bedenklich empfinde ich den Eindruck, dass Ämter und Behörden häufig das Recht drehen und wenden wie sie wollen, als wenn es ihr Recht wäre und nicht das Recht von uns allen.
Aus all dem Genannten entsteht für mich der Eindruck, dass für viele Entscheidungsträger unserer Gesellschaft Demokratie und die Menschenrechte eine tolle Sache sind, solange man die Umsetzung in anderen Ländern fordern kann.
So muss man nicht vor der eigenen Haustür kehren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
eigentlich hatte ich nie vor im Rahmen dieser Montags-Veranstaltung eine Rede zu halten. Aber die Art und Weise wie die für Frankfurt zuständige Versammlungsbehörde, das Ordnungsamt rechtswidrig versucht mit der Friedenswerkstatt unten am Main umzugehen, nötigt mich, hier und heute einige deutliche Worte öffentlich zu machen.
Jenseits aller politischen Inhalte und Standorte der Protagonisten hier und in anderen Städten, ist der einzige Grund für meine Rede die erneute Missachtung des Grundgesetzes Artikel acht und dem dazugehörigen Versammlungsgesetz, hier in dieser scheinbar so weltoffenen und liberalen Stadt Frankfurt.
Im Grundgesetz Artikel acht steht:
Absatz eins: Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
Absatz zwei: Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Das hier erwähnte, beschränkende Gesetz ist das Versammlungsgesetz. Es ist ein Bundesgesetz und steht über dem Landesrecht. Somit müssen etwaige örtliche Bestimmungen nur dann beachtet werden, wenn sie nicht in Widerspruch zu den Ausführungen dieses Versammlungsgesetzes stehen.
Dennoch wird seit Jahrzehnten diese Freiheit, die uns nach dem Grundgesetz zusteht, bei jedem Protest, der den Regierenden oder den Lobbyisten nicht schmeckt, hemmungslos mit Füßen getreten. Die Rechtsbrüche durch Entscheidungsträger gegen dieses Grundrecht, die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis heute schamlos als rechtstaatliche Maßnahmen verteidigt wurden, könnten ganze Bücher füllen. Selbst eine trockene Aufzählung in diesem Zusammenhang würde den Rahmen auch einer großzügig bemessenen Redezeit sicher sprengen.
Um einige meiner Sichtweisen und der daraus resultierenden Beweggründe hier zu sprechen, deutlich zu machen, muss ich ein wenig ausholen. Aber keine Angst, es gibt hier keinen Geschichtsunterricht --- viele Verfehlungen Frankfurter Amtsträger der letzten Jahrzehnte werde ich großzügig überspringen. Es reicht aus, dass ich mich inhaltlich auf einige Proteste der letzten Jahre, hier in Frankfurt beschränke.
Beginnen möchte ich mit einem, in der Bundesrepublik Deutschland beispiellosen Vorgang!
Im Mai 2012 wurden für mehrere Tage größere Bereiche der Innenstadt in einer Art und Weise abgesperrt, dass man denken musste, man sei am Vorabend eines angekündigten Bürgerkrieges. Das gesamte Innenstadtgebiet wurde durch Verbote auf Tage in eine versammlungsfreie Zone verwandelt. Eine Zone, für die auch Gerichte bestätigten, dass die versprochene Freiheit des Grundgesetzes Artikel acht aufgehoben ist. Nur eine einzige Demonstration konnte im Eilverfahren gerichtlich doch noch durchgesetzt werden. Die Rede ist von der Zeit des ersten Blockupy Protestes.
Wer jetzt glaubt, dass nur die angemeldeten Proteste dieses Netzwerks verboten wurden, der irrt!
Verboten wurde eine Mahnwache der Ordensleute für den Frieden, die seit 1990 friedlich ihren Protest vor die Deutsche Bank tragen. Was sind das für Behörden, die es wagen Glaubensbrüdern das protestieren zu verbieten?
Bis heute haben weder die katholische, noch die evangelische Kirche öffentlich dazu Stellung bezogen.
Verboten wurde eine Mahnwache mit Kranzniederlegung für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Angekündigt waren 30 Teilnehmer. Das Gericht verfügte in der ersten Instanz, dass diese Mahnwache zwar zulässig sei, aber die Identität aller Versammlungsteilnehmer vorher der Behörde zu melden seien. Und ich dachte immer die Opfer des Nationalsozialismus verdienen unsere besondere Beachtung.
Der sonst in seinen öffentlichen Forderungen und Stellungnahmen immer so wortgewaltige Zentralrat der Juden hat sich bisher darüber öffentlich nicht beklagt.
Verboten wurde eine Kundgebung vom Komitee für Grundrechte und Demokratie auf dem besonders geschichtsträchtigen Paulsplatz. Dort in der Paulskirche war der Ort der ersten deutschen Nationalversammlung, der Geburtsstunde unserer Demokratie. Eine größere Missachtung der Werte unseres Grundgesetzes ist für mich nur schwer denkbar.
Weder unsere Bundesregierung noch das EU-Parlament haben diesen eklatanten Rechtsbruch bisher öffentlich verurteilt.
Auch wenn diese Vorkommnisse fast zweieinhalb Jahre zurückliegen, haben sie dennoch einen tagesaktuellen Zusammenhang, den ich allen Interessierten kurz aufzeigen möchte.
Der scheidende Polizeipräsident Thiel hatte vor einigen Monaten eine neue Offenheit der Frankfurter Polizei gegenüber Demonstrationen, insbesondere denen von Blockupy verkündet. Darüber hatte ich mich schon sehr gewundert, bis ich Wochen später hörte, dass er vorzeitig in den Ruhestand geht. Die Ernennung seines designierten Nachfolgers, dem bisherigen Vizepräsidenten Gerhard Bereswill weckt unangenehme Erinnerungen und lässt mich am öffentlich verkündeten Kurswechsel der hiesigen Polizei zweifeln.
Im Zuge des Eilverfahrens gegen die Verbots-Orgie der angemeldeten Blockupy Veranstaltungen 2012 fand eine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt statt.
Als das Verbot der Demonstration zur Sprache kam, sagte der Richter zu Herrn Bereswill, dass wenn er die Informationen der Polizei lese, dann stünde dort, dass etwa 1500 bis 2000 gewaltbereite Demonstranten in der Stadt erwartet würden. Herr Bereswill bestätigte, dass dieses die Erkenntnisse der Polizei seien.
Darauf fragte der Richter, ob durch ein Verbot der Demonstration diese mutmaßlich gewaltbereiten Demonstranten davon abgehalten werden würden nach Frankfurt zu kommen. Herr Bereswill verneinte dies und sagte das trotz allem diese Menschen nach Frankfurt kommen würden.
Auf die Frage des Richters, warum er denn dann diese Demonstration verbieten solle antwortete der stellvertretende Polizeipräsident Bereswill, damit friedliebende Demonstranten abgeschreckt werden nach Frankfurt zukommen und sich dieser Demonstration anzuschließen.
Diese verfassungsfeindliche Äußerung hat bis heute zu keinen dienstrechtlichen Konsequenzen geführt. Nein, er soll sogar noch mit der Position des Polizeipräsidenten belohnt werden.
Ein hochrangiger Polizeibeamter, der im Dienst solche Äußerungen tätigt, der zeigt mit welcher Niedertracht er bereit ist, sich über das Grundgesetz, Artikel acht hinwegzusetzen. Ein solcher Mensch hat nicht die moralische Reife der Polizeipräsident von Frankfurt zu werden. Ich fordere den hessischen Innenminister dazu auf, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Einen Verfassungsfeind an der Spitze der Frankfurter Polizei sollte sich eine, auf internationales Ansehen bedachte Stadt Frankfurt nicht leisten. Ich werde auch in Zukunft keine Gelegenheit auslassen, Salz in diese Wunde streuen.
Als nächstes möchte ich auf das Occupy Camp am Willy Brandt Platz zu sprechen kommen, welches im August 2012 durch städtische Behörden geräumt wurde. Für die Räumung wurden einige recht unterschiedliche Gründe durch politische und behördliche Amtsträger vorgebracht. Ich möchte hier auch nicht umfassend über alle vorgebrachten Gründe sprechen oder sie auch nur aufzählen. Ich will mich hier auf einige Worte zur übelsten und menschenverachtendsten Begründung für die Räumung beschränken. Gemeint ist die soziale Problematik der Roma hier in Frankfurt.
Zeitweise zelteten im Camp bis zu etwa 30 obdachlose Roma; darunter auch einige hochschwangere Frauen. Trotzdem wir mehrfach den Frankfurter Ordnungsdezernenten Frank darauf angesprochen hatten, dass die soziale Verantwortung für diese Menschen bei der Stadtverwaltung liegen würde und nicht bei der Occupy-Bewegung, wurde das von den Behörden völlig ignoriert. Das Camp wurde diffamiert, obdachlosen unpolitischen Menschen unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit Unterschlupf zu bieten. Mit Absicht übersehen wurde die Tatsache, dass, wer sein soziales Problem im Rahmen des Occupy Camps öffentlich macht, sehr wohl alleine dadurch eine sehr politische Aussage tätigt.
In einem der Gespräche mit Herrn Frank kam heraus, dass es eine Absprache zwischen diversen deutschen Städten und Kommunen gab oder bis heute noch gibt, hilfesuchenden Roma möglichst wenig oder gar nicht zu helfen. Das heißt, dass die Stadt Frankfurt sich an einer vorsätzlichen Verletzung der Menschenrechte beteiligt hat oder sich heute noch daran beteiligt, indem sie die bei ihr liegende soziale Verantwortung für diese Menschen verweigert.
Die Aktivisten und Aktivistinnen des Occupy Camps weigerten sich die Roma zu vertreiben; letztendlich wollten sie sich mit der niederträchtigen Vertreibungspolitik der Stadt Frankfurt nicht gemein machen. Bis heute werden die obdachlosen Roma von städtischen Beauftragten an vielen Stellen wie lästiges Ungeziefer verscheucht. Soviel zur Menschenwürde und dem geschichtlichen Verantwortungsbewusstsein der Stadt Frankfurt.
Nachdem das Ordnungsamt im Rahmen einer Auflagenverfügung dem Occupy Camp die weitere Aufrechterhaltung des Protests an diesem Ort untersagte, wurde mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Frankfurt versucht das Versammlungsrecht durchzusetzen. Der frisch gebackene Oberbürgermeister Peter Feldmann verkündete lautstark, dass die Stadt den Rechtsweg abwarten würde und das Camp bis dahin nicht zwangsweise geräumt werden würde.
Im Vertrauen, dass man dem als sozial geltenden Feldmann mit einem solchen Versprechen über den Weg trauen könnte beruhigten sich die aufgebrachten Gemüter im Camp und niemand dachte daran sich auf eine Räumung vorzubereiten, bevor das Eilverfahren in den Instanzen der Verwaltungsgerichte abgeschlossen sei.
Dass man auch unserem Oberbürgermeister nicht weiter trauen darf, als man ein Klavier schmeißen kann, zeigte dann der nächste Morgen. Noch bevor das Urteil in der ersten Instanz des Eilverfahrens verkündet wurde, waren schon massive Polizeikräfte auf beiden Seiten des Camps aufgefahren. In der Minute der Urteilsverkündung begann die zwangsweise Räumung. Dadurch wurde die Möglichkeit der Anfechtung des Urteils durch die Schaffung von Tatsachen verhindert. Möglicherweise hatten die Entscheidungsträger Angst, dass bei dem Eilverfahren in der nächst höheren Instanz zwei Tage später ein anderes Urteil vorliegen könnte. Seit dieser Zeit behauptet das Frankfurter Ordnungsamt entgegen der tatsächlichen Rechtslage, dass Zelte kein Versammlungsmittel sind und dass auch bei Dauer-Mahnwachen kein abgeschlossener Schlafplatz als Rückzugs Möglichkeit zulässig sei. Ein gegensätzliches Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster wird als Bestandteil des tatsächlichen Rechtsrahmens völlig ignoriert.
Bevor ich mich der aktuellen Situation der Friedenswerkstatt zuwende, möchte ich noch ein paar Worte zum 1. Juni 2013 und einigen, damit zusammenhängenden Umständen und Tatsachen sagen. Die, für diesen Tag vom Blockupy Bündnis angemeldete Demonstration hatte schon im Vorfeld mit Widerstand seitens der Behörden zu kämpfen. Noch in Erinnerung der gerichtlichen Niederlage vom Jahr davor wurde zwar nicht versucht die Demonstration zu verbieten. Aber es musste erneut ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht geführt werden um die Route an der EZB vorbei einzuklagen. Das symbolische Aufstellen von politisch beschrifteten Zelten neben der Bühne für die Abschlusskundgebung wurde unter Hinweis darauf, dass sie kein Versammlungsmittel seien, verboten.
Bereits kurz nach Start wurde durch eine von langer Hand vorbereitete Polizeiaktion die Demonstration hinter dem Schauspiel gestoppt und 943 Personen über einen Zeitraum von fast 10 Stunden eingekesselt. Trotzdem von den Demonstranten zu keiner Zeit eine Eskalation ausging, kam es zu einer Vielzahl von teilweise fast unglaublichen Übergriffen durch die für eine Aufstands-Bekämpfung ausgerüsteten Polizeieinheiten. Ohne dass es zu irgendeiner Zeit für die Selbstverteidigung notwendig gewesen wäre, wurde literweise Pfefferspray aus großen, auf dem Rücken getragenen Vorratsbehältern eingesetzt. Auch unter Einsatz von Schlagstöcken wurde massive körperliche Gewalt auch gegen Personen außerhalb des Polizeikessels ausgeübt. Hunderte friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten wurden verletzt.
Meine bewegendste Erinnerung daran ist die Situation, in der ich zusammen mit einigen Anderen vor dem Kessel durch passive Gewalt die Polizei davon abgehalten habe ein circa achtzigjähriges Ehepaar grundlos in den Dreck zu treten.
Wenige Tage später wurde in einer Sitzung des hessischen Landtags der gesamte Polizeieinsatz als angemessen und verhältnismäßig bezeichnet. Wer in Kenntnis dessen, dass auch kleine Kinder mit Pfefferspray verletzt, Rentner zusammengeschlagen und Sanitäter von Hilfs-Einsätzen abgehalten wurden, ein solches Vorgehen der Staatsmacht als rechtmäßig hinzustellen versucht ist ein Drecksack!
Die Rede ist vom damaligen hessischen Innenminister Boris Rhein. Seit nunmehr 15 Monaten bezeichne ich Boris Rhein öffentlich als Drecksack und fordere ihn auf, mich doch bitte wegen Beleidigung anzuzeigen. Bisher gab es keine Reaktion. Möglicherweise entspricht diese Bezeichnung seinem Selbstbild oder hat er vielleicht Angst vor einer gerichtlichen und medialen Auseinandersetzung mit mir.
Vieles ist über diese Demonstration und dem unsäglichen Polizeieinsatz bereits gesagt, geschrieben und geurteilt worden. Deshalb will ich auch nur einige, wenige Dinge hierzu noch einmal hervorheben.
Nach dem ein Frankfurter Gericht kurz nach dieser Demonstration einen etwa gleich lang dauernden Polizeikessel bei der sogenannten M31-Demonstration, als nach dem Versammlungsrecht unzulässig erkannt hat, wurden zur nachträglichen Legitimation des Kessels bei der Blockupy-Demonstration, zwecks Änderung des Rechtsrahmens, Ermittlungsverfahren nach dem Strafgesetzbuch gegen alle 943 Eingekesselten eingeleitet.
Wie sehr das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit in Frankfurt hochgehalten wird, erklärt sich durch die Tatsache, dass sich bis heute keiner der Verantwortlichen oder unserer politischen Repräsentanten bei den durch Pfefferspray verletzten kleinen Kindern entschuldigt hat.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt sieht keinen Anfangsverdacht, dass hier Dinge aus dem Ruder gelaufen sind und hat zu einer diesbezüglichen Strafanzeige gegen den Polizeipräsidenten Thiel und den Einsatzleiter Schneider das Verfahren eingestellt. Ebenso hat das Verwaltungsgericht Frankfurt in einem Verfahren die frühzeitige Vorbereitung des Polizeikessels als rechtmäßig anerkannt.
Bei beiden letztgenannten Vorgängen wurden bereits Rechtsmittel eingelegt, wir müssen also abwarten wie höhere Instanzen das Ganze bewerten um zu einem abschließenden Urteil zu gelangen. Allerdings wecken die hierbei bisher ergangenen Entscheidungen den begründeten Verdacht, dass es sich mit der Freiheit und den Menschenrechten in diesem Lande anders verhält, als man es durch die Staatsmacht der Öffentlichkeit weismachen will.
Kommen wir nun zu dem eigentlichen Auslöser für meine heutige Rede. Dem, aus meiner Sicht rechtswidrigen Umgang des Ordnungsamtes mit der Friedenswerkstatt unterhalb der EZB-Baustelle.
Seit Beginn dieser dauerhaft besetzten Mahnwache gab es mehrere Kooperationsgespräche mit dem Ordnungsamt. Bis vor wenigen Tagen war auch Art und Größe der Durchführung dieser Aktion im Einvernehmen mit der Stadt. Eine bereits in der Vergangenheit mehrfach in Aussicht gestellte Auflagenverfügung wurde nie erteilt.
Doch dann ein plötzlicher Sinneswandel. Das Ordnungsamt versuchte mit einem schmutzigen Trick diese politische und nach dem Versammlungsgesetz legale Mahnwache aus dem Schutz des Grundgesetzes Artikel 8 heraus zu lösen.
Sie stellte eine Sondernutzungsgenehmigung durch das Grünflächenamt für einen bestimmten Bereich der Weseler Werft bis Ende des Jahres in Aussicht. Sehr wohl wissend, dass durch dortige Nachbarn jedes Jahr massive Beschwerden gegen die Sommerwerft bei der Stadtverwaltung eingehen. Das hätte dann leicht als Vorwand für einen Entzug oder eine Nichtverlängerung dieser Genehmigung dienen können. Durch diese hinterhältige Verhandlungstaktik wollte man die Aktivistinnen und Aktivisten der Friedenswerkstatt ins Bockshorn jagen.
Nach dem das Ordnungsamt feststellte, dass diese Maßnahme nicht fruchtete, verlegte man sich auf einen anderen Weg. Es wurde eine rechtswidrige Auflagenverfügung zugestellt, deren widerspruchslose Befolgung einen Fortbestand dieser Mahnwache unmöglich machen würde.
Ich will hier nicht die einzelnen Auflagen einer eingehenden juristischen Betrachtung unterziehen, sondern ausschließlich den willkürlichen und rechtswidrigen Versuch anprangern, dem das Ordnungsamt Frankfurt versucht dem Anmelder einen angemessenen Rechtsweg zu unterbinden.
Unter Berufung auf die Verwaltungsgerichtsordnung Paragraph 80, Absatz 2, Nummer 4, ordnete diese Behörde den sofortigen Vollzug ihrer Auflagenverfügung an.
Dabei ignorierte das Ordnungsamt die Bestimmung vom Absatz 3 des gleichen Paragraphen. Dort heißt es wörtlich:
In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
Dieser Absatz drei sagt also eindeutig, dass eine schriftliche Begründung für den sofortigen Vollzug jeder einzelnen Auflage zwingend erforderlich ist; eine bloße Begründung für die Auflage selbst reicht hier nicht aus.
Da das Ordnungsamt in seiner Verfügung keinerlei Begründung für dieses besondere Interesse anführte, könnte es sich demnach nur um einen Notstandsmaßnahme wegen Gefahr im Verzug handeln.
Art und Umfang der Durchführung der Mahnwache haben sich nach der Aufbauphase allerdings nicht geändert, so dass auch diese Möglichkeit der Rechtsanwendung nicht gegeben ist.
Ohne beantworten zu können, ob diese Verfügung durch Unfähigkeit, Niedertracht, möglicherweise auch durch Einflussnahme von Politik oder Lobby zustande kam, ist diese Maßnahme doch in jedem Fall ein Akt von rechtswidriger Amts-Willkür. Bleibt nur zu hoffen, dass der Richter am Verwaltungsgericht zu seiner Eil-Entscheidung in dieser Sache die Aussagen des Absatz 3 mit heranzieht.
Wie man im Ordnungsamt denkt oder möglicherweise auch auf Anweisung denken muss, zeigt folgende Tatsache:
Im Vorfeld dieser Auflagenverfügung sagte ein Amtsvertreter im Kooperationsgespräch, dass diese Maßnahme notwendig sei, da sich sonst möglicherweise über 1000 weitere Anmeldungen im Jahr auf das gleiche Recht wie die Friedenswerkstatt berufen könnten. Daraus ergibt sich, dass die tatsächliche Rechtslage dem Amt scheinbar völlig egal ist, da es scheinbar nur zu verhindern gilt, dass Andere gleiche freiheitliche Rechte ausleben könnten.
Ein weiterer Beleg für die scheinbar politisch motivierten, willkürlichen Entscheidungen des Ordnungsamtes Frankfurt ist in der Tatsache zu sehen, dass laut Frau Iskandar von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Ordnungsamt selber sagt, dass es ausdrücklich nicht um das Info-Zelt und auch nicht um das wesentlich kleinere „Snowden“-Zelt, das dort aufgebaut ist geht. So nachzulesen in der Ausgabe vom letzten Samstag. Diese Erklärung steht in einem klaren Gegensatz zu dem Zelt-Verbot für die Abschlusskundgebung der Blockupy Demonstration 2013.
Als extrem bedenklich empfinde ich den Eindruck, dass Ämter und Behörden häufig das Recht drehen und wenden wie sie wollen, als wenn es ihr Recht wäre und nicht das Recht von uns allen.
Aus all dem Genannten entsteht für mich der Eindruck, dass für viele Entscheidungsträger unserer Gesellschaft Demokratie und die Menschenrechte eine tolle Sache sind, solange man die Umsetzung in anderen Ländern fordern kann.
So muss man nicht vor der eigenen Haustür kehren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.